STAWAG plant Holzgasanlage im Aachener Westen
Erstellt am: 22.06.2004
Aachen. Entstehen wird die Anlage in den Gebäuden der stillgelegten Müllverbrennungsanlage auf dem Gelände der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen-Seffent. Im Jahr 2006 soll sie den Betrieb aufnehmen. „Damit werden wir zum Vorreiter bei der Erschließung von Holz als umweltschonender und rentabler Energiequelle“, sagt Dr. Dieter Attig, Vorstandsvorsitzender der STAWAG. Um die Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet möglichst schnell voranzutreiben, wird die STAWAG einen Kooperationsvertrag zur Forschung und Entwicklung mit der RWTH schließen. Die „Koordinationsstelle Biomasse“ dient als Schnittstelle zwischen den Forschern der Hochschule und den Ingenieuren der STAWAG. „So interessant wie die fortschschrittliche Technik der Anlage und ihre Effizienz ist auch die langfristige Wirkung, die von dieser Holzgasanlage ausgeht. Dieses gemeinsame Projekt von STAWAG und RWTH wird der Forschung und Entwicklung enorme Impulse geben“, so Professor Burkhard Rauhut, Rektor der RWTH Aachen. Am Rande der Pressekonferenz unterzeichnen Professor Burkhard Rauhut und Dr. Dieter Attig die Vertragsvereinbarungen zwischen der Hochschule und dem Unternehmen.
Mit der Holzgasanlage steigt die STAWAG in die Energiegewinnung aus Biomasse ein. Für Dr. Attig ist das ein Meilenstein in der Entwicklung des Unternehmens: „Die Vorräte an fossilen Brennstoffen wie Erdöl oder Kohle gehen zur Neige. Außerdem belastet die Nutzung dieser herkömmlichen Energiequellen die Umwelt. Wir müssen uns nach Alternativen umsehen. Die Biomasse bietet ausgezeichnete Perspektiven für regionale Anbieter wie die STAWAG.“
Die Holzgasanlage auf dem Gelände der RWTH wird eine Anlage mit innovativem Charakter. Sechs bis zehn Mitarbeiter werden mit ihrer Hilfe pro Jahr rund 70.000 Megawattstunden Strom erzeugen. Das reicht, um 20.000 Haushalte zu versorgen. Kurzfristig werden sich die Investitionen in die neue Technik und die erzielten Gewinne die Waage halten. Doch der Know-how-Vorsprung, den die STAWAG beim Betrieb und bei der Weiterentwicklung der Anlage erwirbt, soll sich langfristig in barer Münze auszahlen. Denn unter den regenerativen Energiequellen bietet Biomasse die größten Potenziale.
Die Holzgasanlage kombiniert bewährte Techniken der Stromerzeugung mit dem neuen Carbo-V-Verfahren der Firma Choren Industries GmbH, Freiberg, bei dem Holz in sauberes und teerfreies Holzgas umgewandelt wird. Das ist aus zwei Gründen gut für die Umwelt:
- Die Holzgasanlage schadet dem Klima nicht. Sie setzt nur soviel Kohlendioxid (CO2) frei, wie die Bäume, die das Holz für die Anlage liefern, vorher aufgenommen haben. Kraftwerke, in denen Erdöl, Kohle oder Erdgas verbrannt wird, haben hingegen eine negative CO2-Bilanz. Die immensen CO2-Emmissionen der Industriestaaten gelten als Hauptursache für den Treibhauseffekt und die Erderwärmung.
- Das Holz in der Aachener Anlage wird zu teerfreiem Holzgas veredelt. Dieses hat einen wesentlich höheren Heizwert als das Holz selbst, die Energie im Holz wird effektiv genutzt. In der Holzgasanlage der STAWAG fallen gegenüber einer konventionellen Verbrennungsanlage keine gasförmigen Schadstoffe an.
Zudem wird in dieser Anlage nur unbelastetes Holz eingesetzt. „Wir verwenden nichts anderes als das, was viele Aachener Bürger in ihren Kaminen verfeuern“, sagt Wolfgang Hyrenbach, Leiter des Technischen Vertriebs der STAWAG. Ein Teil des Holzes, das die STAWAG verwenden will, kommt aus der Euregio: Schwachholz aus Ästen und Baumkronen, das bei der Pflege der Wälder anfällt. Auch Holz aus Aachen soll genutzt werden – wie zum Beispiel Landschaftspflegehölzer. Als großer Teil fällt darüber hinaus unbehandeltes Holz aus dem Verpackungsbereich ins Gewicht. An Nachschub für die neue Anlage wird es der STAWAG nicht fehlen: Denn schon seit den 50er Jahren übersteigt der jährliche Zuwachs an Holz in Europa die genutzte Menge. Hinzu kommt, dass Resthölzer ab 2005 nicht mehr deponiert werden dürfen, Holzrecycling also ein Markt mit hohen Wachstumschancen ist.
Bevor die Anlage auf dem RWTH-Gelände das Holz nutzen kann, muss es zerkleinert werden. Dafür baut die STAWAG eine zweite Anlage, die weiteren sechs bis zehn Menschen Arbeit bietet. Der Standort steht noch nicht fest. „Wir könnten uns gut vorstellen, dort nicht nur Holz für die Holzgasanlage aufzubereiten, sondern auch lokale und regionale Abnehmer mit Brennstoff für Heizungen zu versorgen“, sagt Dr. Attig. So könnte die STAWAG Aachener Hausbesitzern, aber auch Unternehmen und der Stadt den Umstieg auf diese effiziente und ökologische Art zu heizen erleichtern.
Der Einstieg in die Nutzung der Biomasse wird die STAWAG rund 27 Millionen Euro kosten. Doch das Know-how, das sich der Aachener Energieversorger als Pionier der Biomasse-Nutzung erwirbt, wird in einigen Jahren sehr wertvoll sein.
Mittwoch, den 23. Juni 2004