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Baumaßnahme Hof: Spektakulärer archäologischer Fund im Herzen der historischen Aachener Altstadt

Erstellt am: 02.12.2016

Bei unseren Kanalarbeiten in der Körbergasse wurde ein spektakulärer archäologischer Fund gemacht. Überraschend wurde in einer Tiefe von rund 3,50 Metern „unter heutigem Gelände“ im Herzen der Aachener Altstadt ein römischer Weihebezirk entdeckt. Reste von mindestens neun Steinaltären, die teilweise noch am Ort ihrer ursprünglichen Aufstellung angetroffen wurden und wohl aus dem 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. stammen, konnten bis jetzt nachgewiesen werden. Gestiftet wurden die Steine von sogenannten „Beneficiariern“, Legionssoldaten aus dem Stab des Statthalters.

Ein römischer Weihebezirk: Spektakulärer archäologischer Fund im Herzen der historischen Aachener Altstadt

  • Reste von mindestens neun römischen Steinaltären bei Kanalbauarbeiten der Stawag in der Körbergasse entdeckt. Fachwelt spricht von „sensationellen Funden“.
  • Inschriften beweisen: Gestiftet wurden die Steine von römischen „Beneficiariern“, Legionssoldaten im Stab des Provinzstatthalters. Der Statthalter Iulius Severus (zwischen 142 und 150 n. Chr.) ist namentlich erwähnt.
  • Oberbürgermeister Marcel Philipp und Stadtarchäologe Andreas Schaub zeigen die Fundstücke der Öffentlichkeit. Im Centre Charlemagne laufen Planungen, diese Bausteine der Aachener Geschichte zu präsentieren.

„Die faszinierende Geschichte unserer Stadt“

Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp zeigte gemeinsam mit dem Stadtarchäologe Andreas Schaub und weiteren Experten am heutigen Nachmittag (1.12.) Teile der Weihesteine bei einem Pressegespräch im „Centre Charlemagne Neues Stadtmuseum Aachen“. Für den Oberbürgermeister sind die aktuellen Funde der Archäologen „der immer neue Hinweis darauf, welch faszinierende Geschichte unsere Stadt hat. Alleine die Funde, die im  Rahmen der Kanalsanierungsmaßnahmen rund um Hof und Büchel gemacht wurden, machen uns ein Stück weit demütig. Sie erzählen von den unterschiedlichen Epochen unserer Stadtgeschichte, sie reichen von der Steinzeit über keltische Funde, die gesamte Römerzeit bis hin zu einem karolingischen Gräberfeld und bis ins Hochmittelalter.“

Andreas Schaub zeigte mit sichtbarem Stolz die aktuellen Fundstücke, unter anderem zwei gut erhaltene Weihesteine mit Inschrift. An der Fundstelle stand ein Weihestein noch in situ (also in der ursprünglichen Position), ein weiterer lag umgestürzt vor seinem Fundament. In den umgebenden Schichten lagen zahlreiche Fragmente weiterer Altäre. Die beiden gut erhaltenen Inschriften berichten von Beneficiariern als Weihende, ein drittes Inschriftenfragment lässt sich möglicherweise in die gleiche Richtung ergänzen. „Neben den Altstadtbereichen rund um Dom und Rathaus ist der Hof tatsächlich der Hotspot der Aachener Stadtarchäologie“, sagte Schaub.

Mit kleinen Schaufeln, Pinseln und jeder Menge Fingerspitzengefühl

Die Kanalsanierer der Stawag arbeiten im Stollenbau mit den Archäologen Hand in Hand. Mit kleinen Schaufeln, Pinseln und jeder Menge Fingerspitzengefühl muss sich das Team der Archäologen Schicht für Schicht ins Erdreich graben. Und dabei finden sie große und kleine Zeitzeugen aus den verschiedenen Epochen. Grabungsleiter Dr. Joachim Meffert von der Firma „Goldschmidt Archäologie und Denkmalpflege“ aus Düren, brachte es so auf den Punkt: „Dieser Bereich in der Aachener Innenstadt ist inzwischen überregional bedeutend. Die Qualität der archäologischen Funde ist beeindruckend. Als Archäologe freut man sich über solche Orte.“

Der erst dritte Beneficiarier-Weihebezirk auf deutschem Boden

 „Beneficiarier sind Legionssoldaten“, so erklärte Prof. Dr. Klaus Scherberich, Historisches Institut der RWTH, „die von einfachen Diensten befreit und dem Stab des Provinzstatthalters zugeordnet wurden.“ Sie dienten an wichtigen Orten und waren mit Verwaltungs- und Polizeiaufgaben betraut. Neben ihren Diensträumen unterhielten die Beneficiarier Weihebezirke. Bis jetzt waren im gesamten Römischen Reich erst drei solcher Weihebezirke gesichert lokalisiert worden. Mit den Aachener Funden gelang nun ein weiterer Nachweis.

Im gesamten Imperium Romanum ist es erst der vierte sicher lokalisierte Bezirk.

Es ist dokumentiert, dass bereits im Jahre 1896 an nahezu identischer Stelle beim Bau des jetzt zu sanierenden Kanals eine Beneficiarier-Weihung und weitere Altarfragmente gefunden wurden. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass mit diesen Funden der - nach Obernburg am Main und Osterburken - erst dritte Beneficiarier-Weihebezirk auf deutschem Boden und gleichzeitig der erste in der Provinz Niedergermanien in Aachen lokalisiert wurde.

Durch die Nennung des Niedergermanischen Statthalters Iulius Severus auf einem Stein kann zumindest eine der Weihungen in die Zeit zwischen 142 und 150 n. Chr. datiert werden. Es dürfte somit eine der ältesten Beneficiarier-Weihungen aus Germanien sein. Eine Lokalisierung der zugehörigen Beneficiarier-Station steht noch aus.

Die Funde wecken jetzt schon Begehrlichkeiten, weshalb sie bereits im Februar in einer Ausstellung in Bonn gezeigt werden sollen. Prof. Dr. Frank Pohle, Leiter der Route Charlemagne, stellte bei dem Pressegespräch in Aussicht, dass auch in seinem Haus, dem Centre Charlemagne, diese spektakulären Funde, „die die Erforschung der Aachener Stadtgeschichte um einen weiteren Mosaikstein bereichern“, einen Platz erhalten werden.

Die Fachwelt ist insgesamt sehr begeistert von den neuen "sensationellen Funden aus Aachen" (O-Ton Prof. Jürgen Kunow, Landesarchäologe des LVR, Bonn).

 

Info zur Baumaßnahme:

Die Stawag erneuert seit 2013 auf dem Hof unterirdisch die noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Abwasserleitungen. Nach umfangreichen Planungen und Voruntersuchungen hat die Stawag sich für eine unterirdische Erneuerung entschieden. Mittlerweile ist die Kanalerneuerung auf dem Hof selbst sowie in der Romaney- und größtenteils auch in der Körbergasse abgeschlossen. Da über die vorhandene Einstiegsgrube im Hof die Kanalabschnitte in der Krämerstraße, der Rommelsgasse und dem Hühnermarkt gut erreichbar sind, werden diese ebenfalls unterirdisch erneuert.

Beeinträchtigungen für Anwohner und Gewerbetreibende gibt es durch die gewählte unterirdische Bauweise in den neuen Abschnitten nicht. Nach heutigem Planungsstand können diese Arbeiten Mitte 2017 abgeschlossen werden.

Nachfolgend wird die Stadt Aachen den Hof umgestalten.

Fotos: STAWAG / Stadt Aachen

 

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